Verfassungsschutz an der Schule? Ohne uns!

Die Verfassungsschutzbehörden sind staatliche Organe zum Schutz der ,,freiheitlich demokratischen Grundordnung“ vor extremistischen Gefährdern. Die Entstehungsgeschichte dieser Behörden wirft jedoch die Frage auf was vor wem geschützt werden soll. Das Bundesamt für Verfassungsschutz wurde 1950, während des kalten Krieges, mit der Intention gegründet gegen Kommunistische und andere linke Kräfte vorzugehen. Zu diesem Zwecke wurden Verbrecher*innen aus der SS, dem SD und der Gestapo zusammengeführt um sie unter dem neuen Namen Verfassungsschutz weiter arbeiten zu lassen. Auf struktureller Ebene waren diese Verbrecher*innen gut auf die neue Aufgabe vorbereitet da sie schon im NS-Deutschland ähnliche Funktionen ausgeführt hatten.
In den Jahren 2000-2006 beging die rechte Terrorgruppe „Nationalsozialistischer Untergrund“ (NSU) 10 Morde, mehrere Bombenanschläge und Raubüberfälle. Innerhalb dieser Zeit suggerierte die Polizei nach aussen ein Bild davon in alle Richtungen zu ermitteln. Jedoch verkannte die Polizei bis zum Bekennervideo des NSU, dass es sich bei den Taten um rassistisch motivierte Morde handelte. Dadurch konnten die Täter*innen über mehrere Jahre ungehindert rechten Terror verbreiten.
Die Verstrickungen und Verbindungen ins Umfeld der terroristischen und faschistischen Mörderbande NSU füllen mittlerweile Bücher. Andreas Temme, ein ehemaliger hauptamtlicher Mitarbeiter des hessischen Landesamtes für Verfassungsschutz, war nicht nur während des Mordes an dem neunten Mordopfer der Neonazis im selben Internet-Café in Kassel anwesend und will nichts von dessen Erschießung mitbekommen haben. Zu Beginn der Ermittlungen wurde er auch als Tatverdächtiger festgenommen. Außerdem war er am 4. Juli 2004 an dem Tag als in der Keupstraße eine Nagelbombe des NSU 22 Menschen teilweise schwer verletzte anwesend, ohne diesen „Zufall“ schlüssig erklären zu können. Ein Untersuchungsbericht des LKA, in dem es vermutlich um die Rolle Temmes beim NSU geht, wurde 2017 für sage und schreibe 120 Jahre gesperrt.
Die Anzahl der von den Verfassungsschutzbehörden im direkten Umfeld des NSU platzierten V-Leute ist kaum zu überblicken. Um deren Identität geheim zu halten betrieben die Verfassungsschutzbehörden effektiven Selbstschutz. Die Liste der zahllosen V-Personen im Umfeld des NSU wurde in einer „Aktion Konfetti“ genannten Schredderaktion vernichtet. So konnte nur ein Teil der V-Personen von Untersuchungsausschüssen zum NSU befragt werden, der Großteil bleibt unbekannt – die Aufklärung der Neonazi-Morde blieb unvollständig. Deutlich wurde aber, dass der Sumpf aus dem sich der NSU entwickelte zuvor reichlich mit finanziellen Mitteln der Verfassungsschutzämter gewässert worden war.
Dass der Verfassungsschutz auf dem „rechten Auge blind ist“ oder zumindest eine Sehschwäche hat, zeigt sich nicht nur am Umgang mit den rechten Terroristen des NSU, sondern wird auch deutlich wenn man sich anschaut, wie der Verfassungsschutz das weltweit agierenden Neonazi-Netzwerk „Combat 18“ (Kampfgruppe Adolf Hitler) einschätzt. Die Mitglieder von «Combat 18» Deutschland sehen sich in Vorbereitung auf einen Krieg, eines bevorstehenden, unausweichlichen „Rassenkrieges“, der ihrer Meinung nach ganz Europa erfassen und die bestehenden gesellschaftlichen Ordnungen auflösen wird. Sie füllen ihre „Kriegskasse“, beschaffen sich Waffen, trainieren für den Ernstfall, führen Schießübungen durch. „Combat 18“ ist in Deutschland nicht verboten, obwohl es sich um den bewaffnete Arm des Neonazi-Netzwerks „Blood and Honor“ handelt, welches wiederum in Deutschland verboten ist. Das Bundesamt für Verfassungsschutz verharmlost den rechten Terror in seinem BfV-Newsletter im Herbst 2017 und schreib dass, „etwaige Radikalisierungstendenzen“ bei «Combat 18» Deutschland „nicht notwendigerweise die Gesamtorganisation betreffen müssen“ und das lediglich die Möglichkeit bestünde, „dass sich Einzelpersonen durch die Ideologie von C18 soweit indoktrinieren lassen, dass sie mit schweren rechtsextremistischen Gewalttaten in Erscheinung treten.“ Das BfV liefert hiermit Textbausteine für die unvermeidlichen Erklärungen, die kommen werden, wenn doch jemand von «Combat 18» seine Vision von rechtem Terror in die Tat umsetzt: „bedauerlicher Einzelfall“, „Einzeltäter“, „keine Organisation und kein rechter Terror erkennbar“.
Ein anders Beispiel für aktuellen Rechtsterrorismus ist, dass auch heute Strukturen, die sich für den „Tag X“ vorbereiten aktiv sind. Recherchen der taz deckten im Umfeld der Bundeswehr-Spezialeinheit KSK ein Netzwerk auf, das für den Fall einer Krise Internierungslager für politische Gegner*innen und deren mögliche Exekution plante. Dafür wurden nicht nur Listen angelegt, auf denen die Namen tausender meist linker Personen aufgeführt wurden. Ein Mitarbeiter des Verfassungsschutzes gründete den Verein Uniter, in dessen Umfeld, dass Netzwerk der KSK Wehrübungen durchführte und Orte auskundschaftet die für ihr Vorhaben infrage kommen könnten.
Nicht nur die engen Verbindungen der Verfassungsschutzbehörden zu Nazistrukturen, die sich im Untergrund organisieren, sondern auch die öffentliche Stellungnahmen zu rechter Gewalt und Hetzte sind besorgniserregend. So zum Beispiel nach den erschreckenden Ereignissen in Chemnitz letztes Jahr, wo Nazis und Hooligans gemeinsam nicht-deutsche, oder jene die sie dafür hielten, durch die Straßen jagten behauptete der damalige Präsident des Verfassungsschutzes es habe in Chemnitz keine Hetzjagden gegeben. “Es gab keinen Mob, keine Hetzjagd und keine Pogrome.“ Ein Satz, der schlichtweg gelogen ist. Gesprochen von Hans-Georg Maaßen, dem damaligen Präsidenten des Bundesamtes für Verfassungsschutzes. Chemnitz? Da war nix!

Aus diesem Anlass treffen wir uns am Freitag, den 08.11.2019 um 16:00
Uhr im JuziCafé. Kommt vorbei, qutascht und diskutiert mit uns.
Wir freuen uns auf euch.