Politische Verfolgung gegen Links

Wir haben gemeinsam mit den GenossInnen der Antifaschistischen Linken International (A.L.I) eine Veranstaltungsreihe zum Thema Politische Verfolgung gegen Links auf die Beine gestellt.

Damit Beschuldigen wir; Die Polizei Göttingen – namentlich das 4. Fachkommissariat (FK4) und die „Beweissicherungs- und Festnahmeeinheit“(BFE) -, sowie die Göttinger Staatsanwaltschaft.

Der Tatbestand: Politische Verfolgung

Das 4. Fachkommissariat (FK4) der Polizei Göttingen hat massiv und illegal die linke Szene in Göttingen überwacht und umfangreiche Datensätze auf Papier erstellt. Sie führt damit die über 35 jährige Tradition polizeilicher Überwachung in Göttingen fort. Und nicht nur das FK4 hat eine klare politische Ausrichtung in seiner Arbeit. Auch die „Beweissicherungs- und Festnahmeeinheit“(BFE) beweist immer wieder ihre politische Ausrichtung gegen Linke. So wird keine Gelegenheit ausgelassen um AntifaschistInnen anzugreifen, zu schikanieren und zu kriminalisieren, wie sich an über 80 Strafverfahren im vergangenen Jahr gezeigt hat. Gleichzeitig werden Neonazis geschützt und niemand will etwas gesehen haben, wenn diese wiederholt AntifaschistInnen bedrohen oder angreifen.

Termine:

14.11.2017 | 19 Uhr | Apex, Burgstraße 52 | Vortrag | Politische Verfolgung gegen Links mit den Anwälten Sven Adam und Rasmus Kahlen

22.11.2017 | 18 Uhr | Juzi, Bürgerstraße 41 | Vortrag & Diskussion | Weiter so?! Wie reagiert die radikale Linke auf die zunehmende Überwachung und Kriminalisierung?

25.11.2017 | 12 Uhr | Bahnhofsvorplatz Göttingen | Demonstration | Jetzt erst recht! Gegen Überwachung und Kriminalisierung

Demo Aufruf:

Jetzt erst recht! Gegen Überwachung und Kriminalisierung

Es wird ungemütlicher für die Herrschenden, der soziale Kitt, der die Gesellschaft zusammenhält beginnt mehr und mehr zu bröckeln. Die zyklischen Krisen des Kapitals produzieren immer mehr Abgehängte, Ausgeschlossene und Erniedrigte. Wie lange wird es dauern, bis sie sich auch in den kapitalistischen Kernstaaten erheben und einfordern, was ihnen zusteht und ihnen durch die herrschende Klasse verwehrt, aber tagtäglich vor Augen geführt wird?

Für den bürgerlichen Staat sind Linke eine Bedrohung – auch wenn es in der BRD gerade keine starke linke Bewegung gibt – denn es sind Linke, die immer wieder auf die Brutalität des globalen Kapitalismus hinweisen, es sind Radikale und Militante, die eine grundsätzlich antagonistische Haltung gegenüber dem bürgerlichen Staat einnehmen und auf die Straße tragen. Wir sind es, die aufzeigen, dass eine Alternative zu Ausbeutung, Kriegen und Krisen möglich ist und wir sind es, die entschlossen sind die Welt zu verändern.

Ziel staatlicher Repression ist es, uns zu entmutigen, einzuschüchtern, niederzuschlagen und einzusperren. Dazu bietet der Staat einiges an Technik, Maschinerie, Ressourcen und Personal auf. Er will immer ein wachsames Auge auf alle antagonistischen Gruppen und Personen haben, alles über unsere Strukturen wissen, keine Aktion darf unüberwacht und unkontrolliert.

In Göttingen sagt man „LiMo“

Was gemeinhin als „LiMo“ bekannt wurde, ist nur das neuste Label der politischen Verfolgung von Linken durch die Polizei in Göttingen. Mindestens von 1999 bis 2015 ist das vierte Fachkommissariat, verantwortlich für Staatsschutz, seinen schmutzigen Machenschaften unbehelligt nachgegangen und hat linke Personen und deren Umfeld in großem Stile ausgespäht und eine umfangreiche Datensammlung über sogenannte „linksmotivierte Straftäter“ angelegt. Treffender müssen wir sie als „Verbrecherkartei“ oder „Feindlisten“ bezeichnen. Mehr als tausend Personen wurden schätzungsweise zum Ziel der Überwachung durch die Staatsschützer. Vor „LiMo“ wurden die Feindlisten unter dem Label „Spudok“ („Spurendokumenationsdatei“) geführt, von 1981 bis 1983, dann wurden sie angeblich gelöscht, tauchten aber 1997 wieder auf.

Auch die „LiMo“-Akten seien gelöscht worden und das schon „Mitte 2016“, weil sie nicht mehr benötigt worden seien. Polizeipräsident Uwe Lührig wäscht seine Hände in Unschuld, will mit dem Handeln seiner Beamten nichts zu tun gehabt haben und schiebt die Verantwortung auf seine Vorgänger Wargel und Kruse. Angeordnet hat die Überwachung der Leiter des FK 4 Uwe Thomßen. Damit hat er zu verantworten, dass seine Abteilung ihre polizeilichen Befugnisse weit überschritten und das Trennungsgebot polizeilicher und geheimdienstlicher Arbeit missachtet hat. Gedeckt wird die Polizei Göttingen außerdem durch die Staatsanwaltschaft, die keinen großen Willen an der Untersuchung der Angelegenheit an den Tag legt. Sie sieht trotz der Schredderaktion, die die „LiMo“-Akten rechtzeitig zu ihrer Aufdeckung beseitigte, keinen Anfangsverdacht „wegen Vernichtung von Beweismitteln“.

Die Staatsschutzschnüffler der Polizei haben da ein liberaleres Verhältnis zum Anfangsverdacht. Für einen solchen reichte es für sie offensichtlich aus, an einer linken Demonstration teilgenommen zu haben. „Verdächtig“ war also die politische Gesinnung der Verfolgten. Während für die Polizei ein Angriff auf MigrantInnen oder ein Anschlag auf eine Unterkunft für Geflüchtete oft nicht ausreicht, um von einem rassistischen Motiv auszugehen, ganz davon zu schweigen, dass es sich bei den Tätern um Neonazis handeln könnte, reichte es für die Staatsschützer als Verfolgungsgrund aus, gegen Neonazis und Rassismus auf die Straße zu gehen. Gerechtfertigt wird die Überwachung im Nachhinein durch die Behauptung, dass von den Überwachten eine Gefahr für die „öffentliche Ordnung“ ausgehe. Was für eine Ordnung hier geschützt werden soll wurde unter anderem am 12. November 2016 deutlich. Neonazis des sogenannten „Freundeskreis Thüringen/Niedersachsen“ griffen bewaffnet und unter den Augen der Polizei AntifaschistInnen an.

Die Mär von der „Linken Gefahr“…

Seit dem G20-Gipfel läuft auch bundesweit eine Hetzkampagne gegen Linke, mit dem Ziel die Kritik an der schreienden Ungerechtigkeit der Klassengesellschaft mundtot zu machen und progressive Gesellschaftsentwürfe zu diskreditieren. Ganz vorne mit dabei die Bundesregierung, konservative und rechte Politiker, die unterstützt durch bürgerliche Medien die Mär von „linken Terroristen“ und „bürgerkriegsähnlichen Zuständen“ verbreiten und selbsternannte Experten, die behaupten, die Gefahr, die von Linken ausginge, sei lange unterschätzt worden. So spricht niemand von der Brutalität des globalen Kapitalismus, neokolonialer Ausbeutung, politischer Verfolgung und imperialistischen Kriegen für die die G20 verantwortlich sind.

Was in den Tagen von Hamburg im Juli 2017 tatsächlich an „bürgerkriegsähnliche Zustände“ erinnerte, waren nicht die Proteste gegen die G20, sondern die paramilitärische Taktik der Polizei, der Einsatz von schwer bewaffneten Spezialeinheiten im Schanzenviertel und ein enormes Aufgebot von Mitteln zur Aufstandsbekämpfung, das vom deutschen Staat aufgefahren wurde. Das brutale Vorgehen der Polizei, das Tote billigend in Kauf nahm, wurde kurzerhand umgedeutet in eine „heldenhaften“ Einsatz der Beamten.

Trotz des martialischen Aufgebots konnte der reibungslose Ablauf des Gipfels nicht gewährleistet werden und die Inszenierung der Mächtigen in der Hansestadt nicht wie geplant ablaufen. Die staatliche Ordnung wurde für kurze Zeit durch Autonome, Jugendliche und MigrantInnen aufgehoben, die das staatliche Gewaltmonopol nicht anerkannten, ihre Wut gegenüber der Ordnungsmacht zum Ausdruck brachten und die Polizei aus der Schanze drängten.

Durch politische Prozesse und drakonische Strafen gegen diejenigen, die ihre Kritik am globalen Kapitalismus und Imperialismus auf die Straße trugen, soll diese Ordnung nun wiederhergestellt werden. Das erste Urteil wurde gegen den Niederländer Peike S. gefällt, der zu zwei Jahren und sieben Monaten Haft ohne Bewährung verurteilt wurde, weil er angeblich zwei Flaschen geworfen haben soll, ohne dass dabeo jemand verletzt wurde. Im November begann der Prozess gegen Fabio V. aus Italien, dem wegen seiner Teilnahme an einer Demonstration „Schwerer Landfriedensbruch“, „versuchte schwere Körperverletzung“ und „tätlicher Angriff auf Vollstreckungsbeamte“ angelastet werden sollen. Letzter Anklagepunkt wurde erst in diesem Jahr als Straftatbestand geschaffen und bietet ein weiteres Instrument zur Kriminalisierung von Protesten, denn auch kleine Schubsereien mit der Polizei können nun mit Knast bestraft werden.

und die Wahrheit über bewaffnete Neonazis

Während das bedrohliche Gespenst von „linken Terroristen“ beschworen wird, sind es die Rechten, die sich bewaffnen und Terroranschläge planen, vorbereiten und durchführen. Wie die Gruppe von sechs Bundeswehreservisten aus Mecklenburg-Vorpommern, die Todeslisten mit Namen von linken AktivistInnen und PolitikerInnen geführt und auch schon die Waffen dafür bereitgelegt hatten. Einer dieser Reservisten ist AfD-Mitglied und Polizist. Er hat sein Amt dazu benutzt, um Informationen über politische Gegner zu erhalten. Vermutlich sind er und seine „Kameraden“ Teil eines neonazistischen Netzwerkes, zu denen auch der Bundeswehrsoldat Franco A. gehört, der Anschläge geplant hatte, um diese Flüchtlingen anzulasten.

Wie tief der Staat verstrickt ist in Neonazinetzwerke hat sich zuletzt am deutlichsten im Komplex um den sogenannten NSU gezeigt. Über zehn Jahr hinweg ließ der Staat diese neonazistischen Mörder gewähren oder leistete Beistand. Nachdem dies bekannt wurde, wurden Informationen zurückgehalten oder vernichtet, um die Komplizenschaft des Staates mit den Neonazimördern zu vertuschen. Mittlerweile ist es beinahe ein trauriger Running Gag, dass immer wieder dann Akten „gelöscht“ oder „geschreddert“ werden, Beweismittel verschwinden, und ZeugInnen auf mysteriöse Weise versterben, wenn sie die Verstrickungen des deutschen Staates offenbaren könnten.

Neonazis und Neofaschisten sind für den bürgerlichen Staat deshalb nicht der Feind, weil diese den Nationalstaat, die Herrschaft der bürgerlichen Klasse und ihr Gewaltmonopol nicht infrage stellen. Der Staat will zwar genauso wissen, was die Rechten im Schilde führen, sie kommen ihm allerdings auch immer dann gelegen, wenn er sie benutzen kann. Seit der Gründung der BRD richtet sich die politische Verfolgung vor allem gegen Linke und folgt einer Tradition des Antikommunismus. Auch nach der Niederlage des deutschen Faschismus, haben Naziverbrecher beim Aufbau der Bundesrepublik eine wichtige Rolle gespielt und ihre Karrieren in den Geheimdiensten, Streitkräften, Polizeibehörden und in der Justiz fortgesetzt.

„Lassen wir uns nicht schrecken durch die Ungunst äußerer Umstände, haben wir für alle Schwierigkeiten nur eine Antwort: Erst recht!“

Jetzt erst recht!

Repression ist nur dann erfolgreich, wenn wir uns durch sie einschüchtern lassen. Deshalb werden wir immer wieder auf die Straße gehen, um zu zeigen, dass wir uns Überwachung und politischer Verfolgung nicht beugen werden. Wir werden auch in Zukunft für das Ziel einer befreiten Gesellschaft demonstrieren, arbeiten und kämpfen. Inspiriert von den Erfolgen, die von Genossinnen weltweit errungen werden, werden wir auch hier eine linke Bewegung aufbauen, die machtvoll ins gesellschaftliche Geschehen eingreifen kann. Davon werden wir uns weder vom organisierten Denunziantentum des FK 4, noch von staatlich geförderten Neonazis abhalten lassen.

Wir rufen euch dazu auf am 25.11.2017 mit uns auf die Straße zu gehen. Wir werden der Polizei und den Staatsschützern des FK 4 unsere Entschlossenheit demonstrieren, die Verantwortlichen der politischen Verfolgung in Göttingen aus der Deckung holen und unsere Solidarität mit allen politisch Verfolgten und Gefangenen in die Stadt tragen. Da wir davon ausgehen müssen, dass Polizei und Staatsschützer uns auch bei dieser Gelegenheit beobachten werden, werden wir uns kollektiv ihrer Überwachung entziehen. Das heißt: Warm anziehen mit Schal, Maske oder Hassi. Ob klassisch oder kreativ entscheidet ihr. Um sicherzustellen, dass sie kein verwertbares Fotomaterial bekommen, das in weitere illegale Ordner wandern kann, sind uns viele Mittel recht.

Jetzt erst recht! – Gegen politische Verfolgung, Kriminalisierung und autoritären Überwachungsstaat!

Für eine neue Welt des Friedens und der Freiheit!

Kommt vermummt.

Weitere Infos zu dem Themenkomplex und den Veranstaltungen bekommt ihr hier.